Jedes Jahr vor Weihnachten wird in meinem Netzwerk Texttreff gewichtelt: mit Blogbeiträgen. Dabei habe ich in diesem Jahr diesen schönen Blogbeitrag meiner Kollegin Katja Rosenbohm gewonnen.
Sie arbeitet als freie Lektorin, Redakteurin und Texterin im Schwabenland. Und sie bloggt als “Orthogräfin”. In ihrem Gastbeitrag beschreibt sie, was eine Lektorin – im Unterschied zur Korrektorin – genau macht. Danke, liebe Katja.
Small Talk auf einer Party: „Und was machst du beruflich?“ – „Ich bin Lektorin.“ – „Ah, dann korrigierst du Texte?“ Am Blick meines Gegenübers kann ich sehen, dass er sich darunter nichts Konkretes vorstellen kann – außer dass es etwas mit Rechtschreibung zu tun hat. Deshalb fange ich an zu erklären …
Was also macht eine Lektorin?
Eine Lektorin prüft und bearbeitet Texte, die zur Veröffentlichung vorgesehen sind. Dies können zum Beispiel ganz klassisch Manuskripte für Buchverlage oder Werbetexte für Unternehmen und Agenturen sein. Es reicht nämlich meistens nicht aus, sich auf die Überprüfung von Rechtschreibung und Grammatik im Textverarbeitungsprogramm zu verlassen. Beim Lektorieren lese ich den Text mehrmals und konzentriere mich dabei jeweils auf eine der drei Ebenen: Inhalt, Sprache und Formales.
Inhalt
Die Autorin eines Textes ist Expertin auf ihrem Gebiet. Dennoch kontrolliere ich in einem Text stichprobenartig, ob alle gemachten Angaben korrekt sind. Beim inhaltlichen Lektorieren achte ich zum Beispiel darauf, ob der Inhalt logisch aufgebaut, sachlich richtig und (noch) aktuell ist (z.B. Aktualität: Eltern haben dann Anspruch auf Elterngeld Erziehungsgeld, wenn …). Ich prüfe auch, ob die verwendeten Zahlen und Fakten plausibel sind (z.B. 1,0 10 g Zimt).
Sprache und Stil
Bei der sprachlichen Überprüfung schaue ich auf die grammatikalische Richtigkeit (z.B. auf die Bezüge: Sie öffnete den Koffer und überraschte John ihn, indirekte Rede: Sie schrie, sie sei wäre einsam, korrekte Zeiten: Er hatte das Kind gewarnt, dass die Flamme der Kerze heiß ist war). Ich überprüfe auch den Stil (z.B. richtige Metapher: jemanden übers aufs Ohr hauen) und die Einhaltung fester Redewendungen (z.B. richtige Kollokation: Sie fällte fasste die Entscheidung, Anglizismen: geboren im Jahr in 1986). Da es sich bei der sprachlichen Beurteilung von Texten oftmals um eher subjektive Kriterien handelt, gehe ich hier besonders behutsam vor.
Formales
Unter Formales fallen einheitliche Schreibweisen (z.B. Phantasie und fantasievoll), Begriffe und Abkürzungen. Wenn verschiedene Varianten nebeneinander bestehen, ist nicht die Schreibweise des Begriffs im Sinne der Rechtschreibung falsch. Hier gilt: Wenn man sich zu Beginn eines Textes für eine bestimmte Schreibweise entschieden hat, sollte man dabei bleiben.
Und was bleibt noch für die Korrektorin übrig?
Die Korrektorin übernimmt beim Prüfen eines Textes die Arbeitsschritte, die den meisten beim Stichwort Lektorat zuallererst einfallen. Hier geht es um Rechtschreibung (z.B. Orthografie Ortografie), Zeichensetzung („Punkt, Punkt, Komma, Strich …“) und Silbentrennung.
Was genau die Lektorin prüfen und korrigieren soll, sollte vor Arbeitsbeginn mit dem Auftraggeber geklärt werden. Häufig wird (ich vermute aus Unwissenheit) das Korrektorat mit dem Lektorat gleichgesetzt, es ist tatsächlich aber nur ein Teilaspekt des Lektorats. In meinem Fall beinhaltet jedes Lektorat auch gleichzeitig ein Korrektorat.
„Das wusste ich ja alles noch gar nicht … Klingt auf jeden Fall sehr interessant, was du da machst. Da hast du bestimmt sehr viel Abwechslung.“ – „Stimmt. Das ist auch einer der Gründe, warum mir meine Arbeit so viel Spaß macht.“
Text: Katja Rosenbohm
Foto: Andrea Behnke