Quantcast
Channel: Feed: » Behnke. Blicke.
Viewing all articles
Browse latest Browse all 25

Hab keine Angst

$
0
0

Feride heißt die Hauptfigur in dem Buch – Zahide Özkan-Rashed die Autorin. “Erinnerungen” steht im Untertitel des Buchs, denn: Feride und Zahide haben viel gemein.

Oezkan-Rashed-ZahideDie Ärztin hat jetzt, als Erwachsene, die Geschichte von Feride, die mit zwei Jahren aus einem kleinen türkischen Dorf in eine deutsche Großstadt gekommen ist, aufgeschrieben. Eine Geschichte, in der Hürden eine Rolle spielen, aber auch der Mut, den eigenen Weg zu verfolgen, nämlich: Medizin zu studieren und dafür zu kämpfen. Die Erzählung, die mit authentischen Tagebuchaufzeichnungen verwoben ist, ist spannend und aufschlussreich. Und sie ist ein Plädoyer für ein Miteinander der Kulturen.

Ich freue mich, dass Zahide Özkan-Rashed mir einige Fragen beantwortet hat.

Sie sind Ärztin, stehen voll im Beruf, haben Kinder – wie sind Sie dazu
gekommen, “nebenbei” noch ein Buch zu schreiben?
Schreiben war mir ein Bedürfnis. Durch das Niederschreiben konnte ich meine Gedanken und Gefühle besser sortieren. Und es half mir, Probleme zu analysieren und Lösungen zu finden. Als Teenager habe ich angefangen, eine Art Tagebuch zu schreiben. Später schrieb ich Artikel über Themen, die mich bewegten. So hatte ich einiges an Material, das ich für das Buch verwenden konnte. Ich hatte und habe nicht viel Zeit fürs Schreiben – ohne Selbstdisziplin wäre es nicht gegangen. Was ich zum Beispiel so gut wie nicht tue, ist fernsehen.

Was bedeutetCover-Erinnerungen Schreiben Ihnen?
Das geschriebene Wort liegt mir mehr als das gesprochene. Allerdings bin ich auch nicht jemand, der einfach so drauf losschreiben kann. Ich muss viel überlegen. Wahrscheinlich bin ich ein komplizierter Mensch, der den „Kopf voll“ hat, und um ihn „freizukriegen“, Dinge im Detail durchdenken und aufschreiben. Das befreit mich.

Eine neugierige Frage: Die Tagebucheinträge von Feride im Buch, sind das Ihre eigenen?
Persönliche Frage – ehrliche Antwort. Ja, es sind meine. Ich weiß, stellenweise mutet das beim Lesen als eine „emotionale Nacktheit“ an. Fragen wie „Werden mich die Leute, die ich kenne, jetzt anders sehen?“ gingen mir daher schon durch den Kopf. Letztendlich habe ich mich entschlossen, zu dem Teil von mir, der mich in den ersten 27 Lebensjahren ausgemacht hat, zu stehen und ihn mit anderen zu teilen. Heute sehe ich manches anders.

Wenn Sie auf Ihre eigene Kindheit und Jugend zurückblicken: Was empfinden Sie da?
Es war hart, aber wenn ich mich mit Kindern vergleiche, die sich nicht einmal eine
Grundschulausbildung leisten können, ging es mir sehr gut. Ich hatte eine Familie, die meine Bestrebungen unterstützte, und ich hatte die Möglichkeit, mich zu entwickeln, was ich genutzt habe. Ich konnte meinen „stillen“ Kampf führen. Das gab mir Befriedigung. Und ich hatte viele schöne Erlebnisse.

Vielfalt, Diversity, ist ein großes Wort in der deutschen Politik. Was hat sich für Sie oder für andere Menschen, deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind, verändert? Und wo gibt es noch etwas zu tun?
Ganz aktuell zeigt der Fall von Tuğçe aus Bad Soden-Salmünster, dass die Menschen sich ein ganzes Stück weit angenommen haben. Bei der Trauerfeier war es beeindruckend, wie sich so viele Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft und Religion zusammengefunden haben. Ein sehr wichtiger Ort der Begegnung sind Schulen. Hier müsste offener nicht nur über kulturelle Vielfalt, sondern auch über tagesaktuelle, heikle Themen wie den Wahnsinn des IS-Terrors gesprochen werden. So kann man Vorbehalte und Vorurteile rechtzeitig abbauen. Muslimische Kinder sollen sich – ebenso wie andere Konfessionsangehörige – nicht in der Rechtfertigungspflicht gegenüber solchen Gräueltaten sehen. Lehrer sollen helfen, klar zu trennen zwischen „bereichernder Vielfalt“ und extremen Auswüchsen, die kein gesunder Mensch akzeptieren kann.

Was möchten Sie jungen Menschen mit Ihrer Geschichte auf den Weg geben?
Sie sollten sich nicht verschließen, sondern mit gesundem Selbstbewusstsein auf den Anderen zuzugehen. Dabei kann man die „alten“ Wurzeln, sprich: die in der Familie vermittelten traditionellen Elemente, durchaus pflegen, wenn sie wichtig sind.
Man sollte immer bestrebt sein, seinem Gegenüber den nötigen Respekt zu zollen, den man sich selbst auch wünscht. Zu geben und zu nehmen ist ein allgemein gültiges Prinzip des menschlichen Zusammenlebens.

Foto: Das Fotostudio Caleb Ridgeway

Zahide Özkan-Rashed
Hab keine Angst. Erinnerungen.
BoD 2014


Viewing all articles
Browse latest Browse all 25