Es ist ein dickes Buch – und jede einzelne Seite ist wichtig: Mit “Die letzten Kinder Ostpreußens” ist es Freya Klier gelungen, ein Stück verdrängte Geschichte aufzubereiten und in gewisser Weise zur konservieren. Damit wir daran denken.
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“Zeugen einer vergessenen Generation” – so lautet der treffende Untertitel des 450 Seiten starken Buchs, das bei Herder erschienen ist. Es geht um jene Menschen, die im Sommer 1944 aus Ostpreußen geflohen sind. Unzählige Menschen waren es, darunter viele Kinder, die oft ihre Familie verloren. Sieben Kinder hat die Autorin pars pro toto porträtiert. Sie gibt ihnen Stimme und Gesicht und zeichnet ihren Leidensweg nach, der in vielen Fällen mit dem Tod endete.
Es ist ein Buch, das man nicht in einem Stück lesen kann, zu sehr geht das Geschriebene unter die Haut. Freya Klier macht dieses Stück Geschichte so lebendig, so präsent, dass man als Leserin und Leser mittendrin ist und mitfühlt. Das Besondere: Die Autorin zeichnet das Leben der einstigen Kinder bis heute nach, bis ins 21. Jahrhundert. Eine der Porträtierten, Karla Browarzyck, starb 2014, kurz bevor das Buch erschienen war. Sie ist eine derjenigen, die das Buch zu dem gemacht hat, was es ist: ein Mosaik aus Erlebtem, aus unfassbar Erlebtem.
Man merkt, dass Freya Klier auch Dokumentarfilmerin ist: Sie schneidet Erinnerungen, O-Töne, historische Dokumente, Interviewpassagen so ineinander, dass tatsächlich ein Film entsteht, der uns die Flucht in den letzten Kriegsmonaten und danach mit all ihrem Grauen vor Augen führt. Bombenterror, Tod, Hunger, Elend, Vergewaltigungen, Gefangenschaft, Krankheiten. Große Not, Erlebnisse, die sich eingebrannt haben, bis heute - und manchmal auch eine Rettung.
Die Schicksale, die das Buch beleuchtet, gehen unter die Haut. Und lassen einen mit Gänsehaut zurück.
Freya Klier
Wir letzten Kinder Ostpreußens
Herder, Freiburg 2014
